Rezensionen
Loffenau - 25.05.2024
Bernd Heumüller - Die Glocke - www.die-glocke.de – 24.10.2023
Gefühlswelt schwingt mit
Marienfeld (gl). „Weniger ist manchmal mehr“, sagt eine bekannte deutsche Redensart. Und die stattliche Zahl von Konzertbesuchern, die am Sonntag den Weg in die Marienfelder Abteikirche gefunden hatte, konnte sich auf exemplarische Weise ein Bild davon machen, dass diese Weisheit nichts von ihrer Aussagekraft eingebüßt hat. Zu Gast war das Duo Expressionen mit Cornelia Samuelis, Sopran, und Martin Dehning, Violine, der als Primarius mit dem Nomos-Quartett in den Marienfelder Mozartmatineen über Jahrzehnte hinweg Kultstatus erlangt hat.
Duo Expressionen – da ist schon der Name in vollem Umfang Programm. Haben seine beiden Protagonisten es sich doch auf ihre Fahnen geschrieben, die gesamte, breit gefächerte, bunt schillernde Palette menschlicher Affekte musikalisch zum Ausdruck zu bringen. Und in ihrem wohl bedachten, rund anderthalbstündigen Programm aus drei Jahrhunderten verstanden sie es von der ersten bis zur letzten Note, die Gefühlswelt ihrer Zuhörer zum Mitklingen und Mitschwingen zu bringen.
Dabei berührten die Liedbeiträge von Bach über Ralph Vaughan Williams, Arvo Pärt und Edgar F. Girtain bis hin zu den Originalkompositionen und Bearbeitungen von Samuelis Himmel und Erde gleichermaßen, bald himmelhoch jauchzend, bald zu Tode betrübt. „The Ballad of Barbara Allen“, von Girtain 2017 in zeitgenössische Tonsprache gesetzt, soll dafür beispielhaft stehen. Im angloamerikanischen Raum seit dem 17. Jahrhundert gut bekannt, greift sie, dem klassischen Romeo-und-Julia-Motiv ähnlich, die Geschichte zweier unglücklich Liebender auf, die erst im Tode zu einander gefunden haben.
Mit einer von Samuelis bearbeiteten Auswahl Jiddischer Lieder, einer Steilvorlage, für sich selbst auf den Leib geschneidert, unterstrichen die beiden Ausnahmeinterpreten zum Ausklang noch einmal sehr sinnfällig ihren programmatischen Anspruch. Spiegeln sich doch ausgelassene Freude einerseits und abgrundtiefe Trauer andererseits gerade in der Kultur der osteuropäischen Juden in einer Einzigartigkeit, wie sie kaum sonst noch anzutreffen ist.
Die beeindruckten Konzertbesucher wussten das singuläre Musikerlebnis angemessen zu honorieren.