Veranstaltet von Pro Quartett e.V.

 

aus dem Innersten 2008
vier Konzerte in Hannover

I. „Aufbruch“
Sa. 19. April 2008, 19.30 Uhr
Hochschule für Musik und Theater


II. „von Ferne und Nähe“
Sa. 14. Juni 2008, 20.00 Uhr
Historischer Saal im Pelikanviertel


III. „neue Formen”
Fr. 19. September 2008, 20.00 Uhr
Sprengel Museum


IV. „Abschied“
Fr. 28. November 2008, 20.00 Uhr
Kreuzkirche


Einführungen in die Programme jeweils 1 Stunde vor Konzertbeginn
durch Dr. Heinz von Loesch, Berlin.
 

Gefördert durch  die Region Hannover und das Kulturbüro der Landeshauptstadt Hannover. In Kooperation mit Musik 21 Niedersachsen, gefördert durch das Netzwerk Neue Musik, ein Förderprojekt der Kulturstiftung des Bundes sowie das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur.



I. „Aufbruch“


Sa. 19. April 2008, 19.30 Uhr
Hochschule für Musik und Theater

Ludwig van Beethoven
Streichquartett c-Moll op. 18/4

Wolfgang Rihm
Streichquartett Nr. 1 op. 2 (1970)




Johannes Brahms
mit Gil Garburg – Klavier

Klavierquintett f-Moll op. 34

Abgesehen von seinem eher orchestralen Streichsextett op. 18 ist Johannes Brahms’ Klavierquintett sein erstes Werk, in dessen Besetzung ein Streichquartett enthalten ist. Auch rein musikalisch verkörpert sich hier ein Aufbruch: Wie in Beethovens leidenschaftlichem op. 18/4 beginnen die Hauptthemen sämtlicher Sätze mit einer melodischen Aufwärtsbewegung und entwickeln trotz ihrer Molltonart eine mitreißende Vitalität. Wolfgang Rihm schreibt sein op. 2 als Siebzehnjähriger – 1970 –, in einer Zeit, als das Komponieren von Streichquartetten unter den Komponisten der Avantgarde als „überholt“ und „überwunden“ gilt. Für Rihm jedoch ist dieses einsätzige 1. Streichquartett der Aufbruch zu bisher 11 weiteren und trägt die Faszination, die diese Gattung auf ihn ausübt, schon in sich: „Streichquartett ist für mich ein magisches Wort. Aller Geheimnischarakter von Kunst schwingt darin, klingt an.“


II. „von Ferne und Nähe“


Sa. 14. Juni 2008, 20.00 Uhr
Historischer Saal im Pelikanviertel

Sarah Nemtsov
“Im Andenken” (2007) (UA)

Klaus Huber
Streichquartett Nr.1
„Moteti – Cantiones“ (1963)




Franz Schubert
Streichquartett d-Moll „Der Tod und das Mädchen“

„Wir sollten unsere Augen umdrehen, und eine sublime Sternenkunde in der Unendlichkeit unserer Herzen praktizieren.“ Dieses Zitat von Jorge Luis Borges stellt Brian Ferneyhough seinen Betrachtungen über Klaus Hubers Streichquartett „Moteti – Cantiones“ voran, ein in seiner musikalischen Sprache von der Renaissance bis zur Gegenwart reichendes, tief spirituelles Werk. Sarah Nemtsovs „Im Andenken“ bezieht sich auf das Fragment des 2. Satzes zum Quartettsatz in c-Moll von Franz Schubert. Die junge Komponistin schlägt in ihrem Werk eine Brücke vom Vertrauten (Nahen), aber im historischen Kontext weit Entfernten, zum zeitlich Nahen und doch nicht Vertrauten. Schuberts Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“ erscheint als große Reflektion auf seine Vertonung des gleichnamigen Gedichtes von Matthias Claudius. Im langsamen Satz ist es, als ob nach dem Gang durch das erschreckende „Nadelöhr“ (das Umdrehen der Augen) sich eine tröstliche Weite auftut, die das scheinbar Fernste in nächste Nähe rückt.


III. „neue Formen”


Fr. 19. September 2008, 20.00 Uhr
Sprengel Museum

Wolfgang Amadeus Mozart
Streichquartett D-Dur KV 155

Elliot Carter
Streichquartett Nr. 1 (1951)




Wolfgang Amadeus Mozart
Streichquartett G-Dur KV 387

Elliot Carter
Fragment Nr. 1 für Streichquartett (1994)

„Meine Musik ist ein Abbild der Gesellschaft, wie ich hoffte dass sie sein möge, wie ich hoffe, dass sie werden möge“ – so Elliott Carter, der große New Yorker Komponist des 20. Jahrhunderts. Er wünscht sich Individualität in Beziehung zu anderen Menschen, Kooperation ohne die Aufgabe von Eigenständigkeit. So spielen in seinem 1. Streichquartett die verschiedenen Stimmen gleichzeitig verschiedenartige Musik in ganz unterschiedlichen Tempi – wie in einigen Szenen Mozartscher Opern. Wachstum, Entwicklung, Lebendigkeit, die Reflektion des Menschlichen in allen Dingen – all diese Ideen Carters treffen ebenso zu für Mozart. Beiden geht es um die große Einheit im Heterogenen, um das wahrhaft Ganze bei aller Vielschichtigkeit der Empfindungen. Sie entwickeln ihre Musik dabei in ganz neuen Formen: italienisch inspiriert das Quartett des 16-jährigen Mozart, hochkomplex Carters Opus von 1951, in musikalischer Äquilibristik Mozarts großes G-Dur-Quartett und ganz aus Flageoletttönen gebaut das Fragment des 86-jährigen Elliott Carter.


IV. „Abschied“


Fr. 28. November 2008, 20.00 Uhr
Kreuzkirche

Joseph Haydn
Streichquartett d-Moll op. 76/2 (“Quintenquartett”)

Ciacinto Scelsi
Streichquartett Nr. 5 (1985)




Johannes Brahms
mit Nikolaus Friedrich
– Klarinette

Klarinettenquintett h-Moll op. 115

„Man kann nicht schöner Klarinette blasen, als es der hiesige Herr Mühlfeld tut", schreibt Johannes Brahms 1891 an Clara Schumann. Mühlfelds Klarinettenspiel inspiriert ihn zu seinen vier letzten großen Kammermusikwerken. Das Klarinettenquintett in h-Moll kündet vom Abschiednehmen: sanfte Melancholie in wehmütiger, formvollendeter Schönheit – die Melodien abwärts gerichtet, wie auch in den ersten Sätzen von Joseph Haydns teils strengem und archaischem, teils friedlichem, ja heiterem „Quintenquartett“. Der Italiener Giacinto Scelsi (1905-1988) ist ein Meister der Klangexperimente. Inspiriert von fernöstlicher Philosophie sucht er nach einem immer tieferen Eindringen in das Innere der Klänge. Sein 5. Streichquartett schreibt er zum Gedenken an seinen engen Freund, den französischen Dichter Henri Michaux. Scelsis letztes Werk: ein Requiem – auch für ihn selbst.