"Blick nach oben"

 

Henry Purcell                            Drei vierstimmige Fantasien

(1659-1695)

Anton Webern                          „Schmerz immer – Blick nach oben“

(1883-1945)                                für Mezzosopran und Streichquartett

Giovanni Battista Pergolesi     Salve Regina c-Moll

(1710-1736)                                für Sopran und Streicher

Anton Webern                          „Schmerz immer – Blick nach oben“

Franz Schubert                         Salve Regina A-Dur D 676

(1797-1828)                                für Sopran und Streicher

Anton Webern                          „Schmerz immer – Blick nach oben“

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Franz Schubert                         Streichquartett d-Moll (D 810)

(1797-1828)                               „Der Tod und das Mädchen“

 

„Schmerz immer – Blick nach oben – Himmelstau – Erinnerung“, diese Worte Anton Weberns, vertont in seinem aphoristisch kurzen unveröffentlichten Stück für Mezzosopran und Streichquartett, könnten programmatisch stehen für das ganze Programm: beginnend mit Fantasien des zwanzigjährigen Henry Purcell über zwei ganz verschiedenartige Anrufungen der Mutter Gottes bis zu Franz Schuberts Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“.

 

NOMOS-QUARTETT

& Cornelia Samuelis – Sopran

 

 

OVB, 14.03.2012

Nomos-Quartett mit Cornelia Samuelis in Bad Aibling

Wehmütige Melodik und gläserne Kälte

Eine solch ungewöhnliche Zusammenstellung kammermusikalischer Werke ist selten zu hören, stammten die einzelnen Stücke doch nicht nur aus unterschiedlichen Epochen, sondern besaßen auch ihren ganz eigenen musikalischen Charakter. Das Nomos-Quartett hatte Anton Weberns Worte "Schmerz immer - Blick nach oben - Himmelstau - Erinnerung" aus einer unveröffentlichten Komposition für Mezzosopran und Streichquartett als Leitmotiv für den Abend im Kurhaus von Bad Aibling gewählt. Cornelia Samuelis sang neben Anton Weberns Aphorismus auch das "Salve Regina" von Pergolesi und Schubert.

Wunderbar getragen, voller Beseeltheit und in einer höchst individuellen Melodiesprache erklangen Henry Purcells drei vierstimmige Fantasien. Martin Dehning und Birte Paplow (Violine), Friederike Koch (Viola) und Sabine Pfeiffer (Cello) spielten die drei Fantasien Nr. 5 d-Moll, Nr. 6 e-Moll und Nr. 7 G-Dur mit klangschöner Farbigkeit, Nuancenreichtum und Sinn für den steten Fluss der kunstvoll miteinander verschränkten Melodien.

Ein schmerzlich-dissonanter Kontrast zu Purcell war das kurze Werk Anton Weberns, das, da es die anderen Kompositionen des Abends refrainartig einklammerte, eine düstere, wenig hoffnungsvolle Stimmung erzeugte. Scharf und unerbittlich durchschnitt die Stimme von Cornelia Samuelis den Saal, ihre Worte wirkten gläsern und kalt, gleichsam wie mit einem Skalpell aus der Seele des Leidenden herausgeschnitten.

Das feierlich-melancholische "Salve Regina" in C-Moll von Pergolesi bildete zu Franz Schuberts sanft-melodiösem "Salve Regina" in A-Dur mit seiner tröstlichen Zuversicht einen deutlichen Kontrast. Bei Schubert klangen die Streicher weich und satt und geschmeidig, der Mezzosopran von Cornelia Samuelis war nun voller zarter Farbigkeit, die zu Herzen ging.

Ihr exzellentes Können, ihre reife Klangqualität und ihre absolute Homogenität des Musizierens entfaltete das Nomos-Quartett so richtig mit Schuberts Streichquartett d-Moll, D 810, das durch das im Andante variierte Lied „Der Tod und das Mädchen“ seinen Beinamen erhielt. Die Gäste boten das Werk als menschlich nachempfundene, unmittelbar die Hörer erreichende Konfrontation mit der Unheimlichkeit des Todes: Jagend, stockend, verzweifelt und aufbegehrend im dramatischen Impuls der Ecksätze, wunderbar tröstend in den Variationen des ohne falsche Poetisierung erklingenden Andante.